Einführung


 

XII. Internationales Nürnberger Forum

3. - 6. Oktober 2016

Öffentliche Theologie - Religion - Bildung. Interreligiöse Perspektiven

Spätestens seit der Jahrtausendwende ist in den freiheitlich-demokratischen Gesellschaften das allgemeine Bewusstsein dafür gewachsen, dass Religion nicht lediglich als „Privatsache“ betrachtet werden kann, sondern eine unverzichtbare Öffentlichkeitsdimension hat. Leider haben häufig die religiösen Dimensionen und Hintergründe von Terrorismus und Gewaltkonflikten dieses Bewusstsein stärker befördert als die vielen positiven, konstruktiven Beiträge der Religionen zum Gemeinwohl. Zugleich ist allerdings deutlich geworden, wie sehr freiheitlich-demokratische Gesellschaften von dem zivilgesellschaftlichen und politischen Engagement von Nicht-Regierungs-Organisationen, Institutionen, Gruppierungen und Einzelpersönlichkeiten leben. Hierbei spielen die Religionen eine wichtige Rolle.

In aller Regel beinhalten konstruktive Beiträge der Religionen zum Gemeinwohl eine Bildungsdimension: Es geht darum, Wahrnehmungs- und Denkprozesse anzuregen, zu neuen Orientierung gebenden Perspektiven einzuladen und neue Handlungsspielräume zu erschließen. Bildung gehört somit einerseits generell zur Öffentlichkeitsdimension von Religion dazu; und andererseits stellt gerade der Bereich der öffentlichen Bildung einen wichtigen Gegenstand des gesellschaftlichen Diskurses dar, in den sich die Religionen einbringen können.  

Im Bereich des Christentums wird ein konstruktives, gemeinwohlorientiertes Selbstverständnis seit etlichen Jahren zunehmend intensiv unter dem Leitbegriff der „Öffentlichen Theologie“ („public theology“) diskutiert. Der Bildungsaspekt ist dabei immer wieder benannt worden, insgesamt gesehen aber bislang doch eher randständig geblieben. In anderen Religionen finden sich eigene Traditionen und Perspektiven, aus denen heraus gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen und reflektiert wird. Um nur einige Beispiele zu nennen: Das Judentum hat gerade in Europa eine markante kulturprägende Kraft entfaltet und sensibilisiert die Öffentlichkeit immer wieder in besonderer Weise für problematische gesellschaftliche Entwicklungen. Für Vertreter/innen des Islam in freiheitlich-demokratischen Gesellschaften wird es zunehmend wichtiger, nicht lediglich defensiv die Vereinbarkeit des Islam mit demokratischen Grundwerten nachzuweisen, sondern konstruktiv deutlich zu machen, was der Islam zum gesellschaftlichen Gemeinwohl beitragen kann. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich ein „Engagierter Buddhismus“ („engaged Buddhism“) entwickelt, der meditative Spiritualität mit aktivem sozial- und ökologiepolitischen Engagement verbindet. Und für die Bahá’ì gehört gesellschaftspolitisches Engagement grundlegend zu ihrem religiösen Selbstverständnis dazu. Dass auch bei diesen Perspektiven aus nicht-christlichen Religionen die Dimension der Bildung eine wichtige Rolle spielt, wird exemplarisch durch die wachsende Bedeutung des Islamischen Religionsunterrichts in Deutschland angezeigt.   

Das Nürnberger Forum 2016 will die Potenziale der Religionen für das öffentliche Gemeinwohl bewusst machen und dabei Bildungsfragen in den Fokus rücken. Durch die Förderung des interdisziplinären und interreligiösen wissenschaftlichen wie gesellschaftlichen Diskurses soll die Öffentlichkeitsverantwortung der Religionen gestärkt werden, insbesondere im Hinblick auf öffentliche Bildung. Dies entspricht dem Grundanliegen der seit nunmehr 30 Jahren bestehenden Tradition der Nürnberger Foren, zur interkulturellen und interreligiösen Verständigung und Bildung in einer pluralistischen Gesellschaft beizutragen. Das Nürnberger Forum wird veranstaltet vom Lehrstuhl für Religionspädagogik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Prof. Dr. Manfred L. Pirner, Prof. Dr. Johannes Lähnemann und Dr. Werner Haußmann) gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Bubmann (Praktische Theologie, Erlangen), Prof. Dr. Andreas Nehring (Religionswissenschaft, Erlangen), Prof. Dr. Thomas Wabel (Systematische Theologie und Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie an der Universität Bamberg) und Prof. Dr. Henrik Simojoki (Ev. Theologie/Religionspädagogik, Universität Bamberg) sowie in Kooperation mit dem Global Network of Public Theology, GNPT (Vorsitzende: Prof. Dr. Elaine Graham, Universität Chester, England). Mehr Information unter: www.nuernberger-forum.uni-erlangen.de  

Es wird bei diesem Nürnberger Forum auch einen Workshop für Nachwuchswissenschaftler*innen geben. Den Call for Papers für diesen Workshop sowie weitere Infos finden Sie unter der Rubrik "Young Researchers' Workshop".

Die Tagungssprache bei der Konferenz sowie beim Workshop ist Englisch.